Lütjensee – eine wechselvolle Geschichte

Lütjensee ist alt – sehr alt. Das erste Mal urkundlich erwähnt wurde das früher  „Lüttekensee“ genannte Dorf bereits im Jahr 1248 in der Gründungsurkunde des Kirchspiels Trittau. Doch Funde im und auf dem Gebiet der Gemeinde legen nahe, dass Menschen hier bereits seit dem Neolithikum oder auch der Jungsteinzeit (etwa 4000/3500-1700 v. Chr.) gelebt haben.

Mit Beginn des ersten Jahrtausends nach Christus begannen dann Nordelbische Germanenstämme in und um Lütjensee mit der Besiedlung. Immer wieder kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den weiter östlich – im heutigen Lauenburgischen -siedelnden Slawen. Möglicherweise war Lütjensee im 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts n. Chr.  während der kriegerischen Handlungen sogar ein slawischer Stützpunkt in Stormarn.

Tymmo von Hamme

Um das Jahr 1111 n. Chr kam es im vermutlich im historischen Zeitrahmen der Befreiung Stormarns durch die Germanen zur Neugründung Lüttekensees. Dieser Teil der wechselvollen Geschichte des Dorfes ist eng verbunden mit dem Namen Tymmo von Hamme. Als Mann aus dem Volk, Stammvater eines Adelsgeschlechts und sogenannter „Laie“ habe er das Dorf den Slawen entrissen, verteidigt und zur Ausbreitung des Christentums beigetragen. In der Stiftungsurkunde des Kirchspiels Lütjensee-Grönwohld 1330 n. Chr. wurde Tymmo von Hamme und seine Bedeutung für Lüttekensee namentlich erwähnt.

Lüttjensee in der Reformation – „Lüttenkensee hat einen ganz jämmerlichen Pfarrherr“

Bis zur Reformationszeit im 16. Jhdt. aber auch danach gibt es nur wenige Aufzeichnungen zur weiteren Entwicklung des Dorfes Lüttekensees. Die letzte Information aus dieser Zeit stammt von einem Angehörigen des Hamburger Domkapitels um 1540, der die Pastoren der damaligen Kapiteldörfer beurteilte und Lüttekensee „einen ganz jämmerlichen Pastoren“ bescheinigte. Vermutlich kam in dieser Bemerkung bereits zum Ausdruck, dass sich der Lüttejenseer Pastor von der römisch-katholischen Obrigkeit abgewandt und der reformatorischen Bewegung zugewandt hatte. In der Folge unterstellten sich die Geistlichen des nordelbischen Raumes 1542 der evangelischen landesherrlichen Kirchenordnung. Im Zuge der Reformation wurde Lütjensee 1576 mit zehn weiteren Dörfern gegen jährlich zu entrichtende Naturalien und Geldzahlungen vom katholischen Domkapitel an das Amt Trittau abgetreten. Die Lieferungen und Leistungen endeten erst 1803 mit der Auflösung des Domkapitels während der Napoleonischen Kriege.

Wann die Selbständigkeit des Kirchspiels Lütjensee endete, ist nicht bekannt. Erst im 20. Jahrhundert, 1953, wurde Lütjensee jedenfalls wieder selbständige Kirchengemeinde mit eigener Kirche. Die 1961 erbaute Kirche trägt den Namen Tymmo-Kirche und erinnert so bis heute an die geschichtliche Bedeutung von Tymmo von Hamme für das Dorf.

Dreißigjähriger Krieg bis ins 20. Jahrhundert

In der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts war das Leben in Lütjensee und den umliegenden Dörfern geprägt von Kriegen, Plünderungen, Okkupationen und Einquartierungen fremder Armeen. Mit dem Ende des „Nordischen Krieges“ (1711-1720) begann schließlich eine lange friedliche Phase in Lütjensee, die bis zum Ende des Jahrhunderts anhielt. Die Bewohner Lütjensees machten umliegendes Land urbar, was zu mehr Agrarland und Wohlstand führte. In diese Zeit fällt auch die für die weitere Entwicklung des Dorfes bedeutsame „Verkopplung“ des Gemeindegebietes 1775. Dabei wurden unter der damaligen noch dänischen Verwaltung die in Gemeindebesitz befindlichen Ländereien in Koppeln aufgeteilt und in das Privateigentum der Bauern übertragen. Im Rahmen der ersten Landvermessung und Zuteilung wurden damit die verbesserten Besitz- und Vermögensverhältnisse festgeschrieben.

Lütjensee wird Amt

Mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts endete diese friedliche Phase für die Bewohner von Lütjensee. Die kriegerischen Auseinandersetzungen der nächsten Jahre führten in Folge der Einquartierung dänischer Truppen bis ca. 1815 und dem Durchmarsch und damit die notwendige Versorgung fremder Armeen zu einer weitgehenden Verarmung der stromarnschen Dörfer. Wirtschaftliche Erholung setzte erst mit Abzug aller Truppen und Entschädigungszahlungen für Kriegsschäden Ende 1814 ein. Holstein als Mitgliedsland des Deutschen Bundes blieb aber wie vor Beginn der Kämpfe unter der Verwaltung des dänischen Königs.

Dies änderte sich erst 1866. Nach kriegerischen Auseindersetzungen zwischen Dänemark und Preußen sowie Österreich wurde Schleswig-Holstein und mit ihm Lütjensee preußische Provinz. Durch die Verwaltungsreform 1868 erhielt Lütjensee einen eigenen Amtssitz, zu dem die Gemeinden Lütjensee, Großensee, Grönwohld und Hoisdorf gehörten. Erst im Zuge einer Verwaltungsreform nach dem 2. Weltkrieg wurde das Amt Lütjensee wieder dem Amt Trittau zugeschlagen.

Oh du schönes Lütjensee

Schon um 1850 war Lütjensee ein beliebtes Ausflugsziel für die Hamburger Bevölkerung. Mit dem Bau der Reichsbahnstrecke Oldesloe – Schwarzenbek 1887, der Eröffnung der Kreisbahn Trittau – Tiefstack mit dem Kreisbahnhof Lütjensee 1907 und dem Auftauchen erster Automobile war dann der schnelle Personen- und Frachtverkehr nach Hamburg möglich. Der Fremdenverkehr nahm zu und das reizvoll gelegene Dorf wurde von so manchem Hamburger nun auch als schöne Wohnumgebung geschätzt.

Bei Ausflüglern und Naherholungssuchenden ist Lütjensee und seine wunderschöne Umgebung bis heute beliebtes Ausflugsziel und durch die verkehrstechnisch günstige Anbindung an Hamburg und Lübeck auch begehrter Wohn- und Lebensmittelpunkt. Die Eisenbahnstrecke wurde 1952 wieder stillgelegt. Die ehemalige Gleisstrecke wurde in einen wunderschöner Radwanderweg umgebaut.

Quellen:

Chronik Lütjensee, Hrsg.: Gemeinde Lütjensee

150 Jahre Kreis Stormarn, Hrsg.: Kreisarchiv Stormarn, Dez. 2016